Nur fünf Kilometer nordwestlich des Kurortes Franzensbad lädt Burg Seeberg Tagesausflügler zu einer kleinen Zeitreise in die Region ein. Die Burg ist eine der ältesten Wehranlagen des Bezirks Eger und eine der wenigen erhaltenen Ministerialenburgen in Tschechien. Sie wurde über die Jahre von ihren Besitzern, zu denen neben dem ruhmreichen Adelsgeschlecht Schlick auch verschiedene Patrizierfamilien aus Eger gehörten, mehrfach umgebaut. So sind hier neben romanischen und gotischen Bestandteilen auch interessante Zeugnisse aus der Renaissancezeit oder dem Barock zu entdecken. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang auf die Fachwerkscheune der Vorburg und auf das Gesindehaus aus dem 17. Jahrhundert. Das Museum auf Burg Seeberg präsentiert eine facettenreiche volkskundliche Ausstellung über das Leben der Landbevölkerung im Egerland und zur bürgerlichen Wohnkultur des 19. Jahrhunderts. Im Sommer erwacht die Burg Seeberg regelmäßig dank dem heute schon zur Tradition gewordenen historischen Jahrmarkt und dank dem im September stattfindenden Weinfest. Zum vielfältigen Programm gehören alljährlich auch Konzerte diverser Musikgenres und thematische Nachmittagsveranstaltungen für Kinder und Erwachsene.
Ihre Entstehung im 12. Jh. hängt nämlich direkt mit der Gebietsentwicklung des Heiligen Römischen Reiches unter der Herrschaft der Stauferkönige zusammen, die aus dem damals unabhängigen Reichsgebiet schrittweise ein Mustermodell der eigenen Stammbesitzungen schufen, die mittels des dienstleistenden Adels – der sog. Ministerialen – verwaltet wurden.1 Diese errichteten in der Umgebung der Egerer Kaiserburg ein Netz von befestigten Sitzen, die neben der Verteidigung und Verwaltung auch der Kultivierung der hiesigen, wenig besiedelten Landschaft dienten und gleichzeitig zu Zentren der intensiven Kolonisation wurden. Als später unter dem Einfluss der schwächer werdenden Königsmacht aus dem Egerland allmählich ein mittelalterlicher, von den Egerer Patriziern beherrschter Stadtstaat wird, verlieren die Ministerialburgen ihre ursprüngliche Bedeutung und Seeberg wird zum Eigentum der Stadt Eger, welcher der König Karl IV. im Jahre 1349 das Recht gab, die Burg mittels eines eigenen Beamten zu verwalten. Aus dieser Zeit stammt auch die älteste erhaltene schriftliche Erwähnung der Burg. Sie wird nämlich in der Urkunde Ludwig IV. des Bayers vom 4. Oktober 1322 miterwähnt, mit der das Reichslehen Egerland an den böhmischen König Johannes von Luxemburg für 20 000 Mark Silber verpfändet wurde. [*2].
Seit 1434, als Kaiser Siegmund von Luxemburg die Burg Seeberg seinem treuen Diener, dem Reichskanzler und Egerer und Elbogener Burggrafen Caspar Schlick widmete, folgte ein steter Wechsel der Eigentümer, von denen vor allem die bedeutende Egerer Patrizierfamilie Juncker zu erwähnen ist, die auf Seeberg die Kirche des Hl. Wolfgang erbauen ließ. Ein anderer berühmter Herr auf Seeberg war während des Dreißigjährigen Krieges der Befehlshaber der Egerer Militärbesatzung Veit Dietrich von Steinheim, der die Burg erneuern ließ, nachdem sie am 7. April 1648 von den Schweden erobert, geplündert und in Brand gesteckt wurde.
1703 kehrte die Burg samt der dazu gehörenden Herrschaft in das Eigentum der Stadt Eger zurück, unter deren Verwaltung sie sich später in einen Meierhof und eine Herberge für arme Weber und Tagelöhner verwandelte. Neue Aufmerksamkeit wurde der Burg erst Anfang des 20. Jahrhunderts zuteil, als das Rufen nach der Rettung des verfallenden historischen Denkmals aus dem Kreis der heimat- und volkskundlichen Forscher um die Zeitschrift „Unser Egerland“ erhört wurde. Ab 1907 wurde die Burg unter der Leitung des Baurates der Stadt Eger, Josef Pascher, schrittweise renoviert und bereits im Jahre 1915 konnte eine Burggaststätte im historischen Stil eröffnet werden, die bald zum beliebten Ausflugsziel wurde [*3].
Diesem Zweck diente die Burg bis Mitte der 1950-er Jahre. Unter der Verwaltung des staatlichen Landwirtschaftsbetriebes verfiel die Burg wieder und erst in den 1980-er Jahren veranlasste ihr unerfreulicher Zustand eine Gruppe von Enthusiasten, die Burg zu retten. Dank dem damaligen Leiter des Städtischen Museums in Franzensbad Dr. phil. Pavel Stříbrný gelang es, dieses Vorhaben mittels öffentlicher Gelder zu realisieren, sodass die Burganlage, ergänzt durch einen historischen Turmspeicher und einen Schuppen, die aus zerstörten Egerländer Bauernhöfen erhalten werden konnten, im Jahre 1990 der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht wurde.
[*1] Kubů, František. Štaufská ministerialita na Chebsku. Cheb: Chebské muzeum, 1997, S. 21.
Hrsg. in Deutsch als: Kubů, František. Staufische Ministerialität im Egerland. Ein Beitrag zur Siedlungs- und Verwaltungsgeschichte. Pressath: Eckhardt Bodner, 1995.
[*2] Siegl, Karl. Schloß Seeberg im Egerlande. Eger: Stadtgemeinde Eger, 1915, S. 7-8.
[*3] John, Alois. Burg Seeberg. Unser Egerland. Eger, 1916, XX. Jg. (Heft V.): S. 37-40.
Literatur
JOHN, Alois. Burg Seeberg. Unser Egerland. Eger, 1916, XX. Jg. (Heft V.): S. 37-40.
KUBŮ, František. Staufische Ministerialität im Egerland. Ein Beitrag zur Siedlungs- und Verwaltungsgeschichte. Pressath: Eckhardt Bodner, 1995.
MACEK, Stanislav. Geschichte der Burg Ostroh – Seeberg. Františkovy Lázně: Městské muzeum Františkovy Lázně, 2002.
PRÖKL, Vinzenz. Schloss Seeberg im Egerlande: Seine Geschichte, seine Geschlechter, seine Kirche. Eger: Kobrtsch & Gschihay, 1870.
PRÖKL, Vinzenz. Universal-Chronik der Stadt Eger und des Egerlandes. 5. Bd., fol. 501-508. [online]. [zit. 2016-01-25]. Abrufbar unter: http://www.portafontium.eu/iipimage/30260634/soap-ch_00001_mesto-cheb-proekl-1876_4600
SIEGL, Karl. Schloß Seeberg im Egerlande. Eger: Stadtgemeinde Eger, 1915.
Digitales Modell der Burganlage
http://peso.fsv.cvut.cz/dp/lavicka_p/index.html
Das Modell der Burg Seeberg entstand im Jahre 2015 als Diplomarbeit von (Ing.?) Petr Lavička, Absolvent des Instituts für Geomatik der Fakultät für Bauingenieurwesen der Tschechischen Technischen Universität Prag.
Fotografien:
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